Aktuelles
Stellungnahme zu Windkraftanlagen
Auseinandersetzung mit einem emotionalen Thema
Als Freie Wähler Liste haben wir den Anspruch, uns auch mit komplexen Themen, die eine große emotionale Note haben, sachlich auseinander zu setzten. Somit haben wir dieses Thema erneut aufgerollt, da hier die Meinungen unsere Gemeinde sehr divergieren.
Insgesamt erinnert die Diskussion sehr an die Situation vor einigen Jahren mit dem Mobilfunknetz und den Handymasten. Auch hier gab es stark emotionale Dispute über Ästhetik, Auswirkungen und technischer Machbarkeit. Hier hat sich innerhalb weniger Jahre das Internet als dezentrales System durchgesetzt und etabliert und der stark steigende Bedarf an Netzkapazität konnte trotz aller Schwarzmaler großflächig abgedeckt werden. Seit der Verbreitung des Smartphones sind sogar die gesundheitlichen Auswirkungen in den Hintergrund gerückt, da jeder die Vorteile deutlich höher einschätzt als die Risiken.
Eine große Mehrheit der Deutschen ist für die Energiewende. Geht es jedoch um konkrete Vorhaben, formiert sich zum Teil erheblicher Widerstand. Der Protest gegen Windenergieanlagen, großflächige Solaranalgen, den Stromnetzausbau und die Errichtung von Großspeichern zeigt, dass die Auswirkungen der Energiewende in unmittelbarer Nachbarschaft nicht einfach hingenommen werden. Doch eine klimaverträgliche Energieversorgung kann nur erreicht werden, wenn alle an einem Strang ziehen.
Der Unmut richtet sich häufig nicht nur gegen geplante Bauvorhaben, sondern auch gegen das Vorgehen im Planungsprozess. Vor diesem Hintergrund ist es besonders wichtig mit Bürgern und Bürgerinnen, Land- und Forstwirten, Kommunalvertretern, regionalen Umweltschützern und anderen Interessierten ins Gespräch zu kommen. Wir suchen nach neuen Wegen. Unser Ziel ist eine klimaverträgliche Energieversorgung für die Zukunft. Dafür bleiben wir im Dialog und haben einmal viele Aspekte aufgegriffen:
Image und Gastzahlen für Bad Salzschlirf
Es gibt Gäste, die sich an dem Anblick von Windrädern stören oder sie aus anderen Gründen abstoßend finden. Der nachweisliche Anteil, der deswegen einem Kur- oder Feriendomizil fern bleibt, ist aber deutlich geringer, als der Anteil an Gästen, die genau deshalb ein Domizil aussuchen. Hier lassen sich unzählige Beispiele aufführen, die ganz neue Touristenattraktionen wie z.B. den Hunsrücker Windwanderweg, den Lehrpfad in Thalfang, das Ausflugsziel Energiewende in Schipkau oder sogar eine Aussichtsplattform am Windrad in Westerholt erschaffen und damit neue Felder erschlossen haben. Der entscheidende Faktor, ob dies Gäste anzieht oder abstößt, ist ein guter und authentischer Umgang mit Klimaschutzzielen, dann können Gästezahlen sogar gesteigert werden.
Zur Situation in der Vogelsberggemeinde Ulrichstein ist zu sagen, dass die Übernachtungszahlen trotz 50 Windräder in den letzten Jahren gestiegen sind. Im Jahr 2015 um 4,6% und im Jahr 2016 um 2,6%. Das es vorher auch deutliche Einbrüche gab hängt vorwiegend damit zusammen, dass es dort nur wenige meldepflichtige Beherbergungsbetriebe gibt. Im Vogelsberg ist die Nachfolge solcher Betriebe aufgrund der strukturschwachen Region oft nicht gesichert und somit hat ein Schließung statistisch eine große Auswirkung bei gerade einmal fünf Betrieben.
Als extrem klimafreundlicher Kurort mit erfolgreicher Etablierung einer neuen Therme mit über 170.000 Gästen im Jahr hat dies Bad Endbach erreicht durch Fotovoltaik, Blockheizkraftwerken und vor allem eigenen Windkraftanlagen. Diese stellen nicht nur 73% des gesamten Stromverbrauchs der Gemeinde, sondern bringen auch rund 550.000€ an Einnahmen, die eine Finanzierung der Therme erst ermöglichten, da diese rund 600.000€ Subvention benötigt. Hier gibt es Tage, an denen wegen Überfüllung geschlossen wird, trotz direktem Blick von der Therme auf die Windräder. Man kann also sagen Heilbad wegen Windrad.
Intakte Landschaft, Natur-, Arten- & Klimaschutz
Ohne einen Ausbau der Windkraft sind die Naturveränderungen wesentlich dramatischer als mit den begrenzten Eingriffen. Wir sind die erste Generation der Menschheitsgeschichte, die Klimaveränderungen in ihrem Leben spürbar erlebt. Dies liegt vorwiegend daran, dass die CO2-Konzentration mit 403ppm im Jahresschnitt so hoch ist, wie seit 800.000 Jahren nicht mehr. Wir haben nicht nur den schnellsten CO2-Zuwachs, sondern auch das weltweit dritte heißeste Jahr in Folge seit Messbeginn, den höchsten Meeresspiegel, die höchsten Wassertemperaturen und die kleinste arktische Meerausdehnung. Was aber neben dem Meeresspiegel dazu kommt sind Wetterextreme. Problematisch sind hierbei schwere Dürren. Jeden Monat im Jahr 2016 gab es pro Monat mindestens 12% der Landoberfläche der Erde, die von schweren Dürren betroffen waren. Auch in Deutschland gibt es bereits zwei Gebiete die klimatisch an der Grenze zur Steppe stehen. Auch die Nordsee ist von der Erwärmung der Meere betroffen. Dort stieg innerhalb der vergangenen 45 Jahre die Durchschnittstemperatur um 1,67 Grad.
Der Wandel des Klimas führt unweigerlich zu deutlichen Änderungen der Landschaft und des Tierreichs.
Um einen halbwegs moderaten klimatischen Übergang hinzubekommen, ist eine weltweite durchschnittliche CO2-Emission pro Einwohner von maximal 2,5t CO2/Jahr nötig. Der Bundesdurchschnitt liegt im Moment bei 10,4t pro Einwohner und Jahr. Wenn wir also nicht einen großen Verzicht von ¾ unseres CO2-produzierenden Verhaltens durchsetzten möchten, dann sind wir auf Technologien angewiesen, die dies unmittelbar ermöglichen. Dazu stehen im Moment im Stromsektor zwei bezahlbare Technologien zur Verfügung, die das im großen Maßstab in Deutschland möglich machen. Einmal die Fotovoltaik, aber auch die Windkraft, da eine Anlage 30-70x mehr CO2 einspart, als sie zur Herstellung, Nutzung und Rückbau benötigt.
Natürlich ist das nur ein Teil. Der Wärmesektor ist mit tiefer Geothermie, Solarthermie und Kraft-Wärme-Kopplung ebenso entsprechend zu entwickeln wie der Sektor Verkehr. Wir müssen im Moment alle umsetzbaren erneuerbaren Energietechniken nutzen um die CO2-Produktion zu vermeiden und so die Erderwärmung zu bremsen. Der wichtigste Natur- und Artenschutz ist somit der Klimaschutz. Die Energiewende ist somit Voraussetzung für den Klimaschutz.
Vogel- und Fledermäuse
Es kann festgestellt werden, dass Windkraftanlagen eine Gefahr für Vögel oder auch Fledermäuse darstellen. Hier sind besonders der Seeadler, der Schwarzstorch, der Rotmilan und der Bussard betroffen. Trotz des Vogelschlags konnten kein Einfluss auf Bruterfolg oder Anzahl festgestellt werden. Es kann sogar in Deutschland ein Zuwachs verzeichnet werden der ähnlich wächst wie der Zuwachs an Windkraftanlagen. Selbst der sehr vogelschützende Umweltverband Nabu konnte in einer großen Langzeitstudie keinen negativen Effekt feststellen. Hierbei entscheidend ist laut dieser Studie der Abstand zum Horst und die Art der Nutzungsfläche unter den Windräder. Hier sind einzeln stehende Windkraftanlagen, Ackerflächen, eine kleine Mähfläche, Gras und Misthaufen ungünstig für die Vögel. Bei Gruppen von Anlagen in Waldgebieten gab es deutlich weniger Vogelschlag. Ähnliche Erkenntnisse konnte man in Bezug auf Fledermäuse bereits sammeln. Wenn also gewisse Regeln bei der Errichtung eingehalten werden, ist dies vertretbar. Die Anlagen auf dem Steinberg sind im Sinne eines geringen Vogelschlages angelegt.
Im Vergleich zu konventionellen Kraftwerken sind die Todesfälle bei Vögeln in einer Studie aus den USA umgerechnet auf die GWh Strom ermittelt worden. Das Interessante ist, dass Windenergieanlagen nur ca. halb so viele Todesfälle haben wie Kernkraftwerke und sogar nur ein Zehntel der fossilen Kraftwerke bezogen auf GWh Strom. Hier ist dies gesellschaftlich akzeptiert. Ebenso akzeptieren wir ja auch, dass jede Hauskatze mehr Singvögel pro Jahr fängt und tötet, als ein Windrad einen Greifvogel, ohne gleich Hauskatzen zu verteufeln.
Bewahrung der Schöpfung
Nicht die Windräder, sondern der Klimawandel ist der wichtigste Grund für das Artensterben. Daher muss jede vertretbare Möglichkeit ergriffen werden, konventionelle durch regenerative Energieerzeugung zu ersetzen.
Flugsicherheit
Das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BFA) kommt zu der Entscheidung, dass durch die Windkraftanlagen am Steinberg die zivile Flugsicherungseinrichtungen nicht gestört werden können.
Immobilienpreise
Windenergieanlagen haben in der Summe keinen negativen Preiseffekt auf die Immobilienpreise der Orte wie z.B. seit 20 Jahren im hessischen Bottenhorn oder Bad Endbach. Mitunter steigert der Ausbau der Windkraft sogar die Immobilienpreise in strukturschwachen ländlichen Regionen durch regionale Wertschöpfung wie z.B. in Ostfriesland oder am Vetschauer Berg in Aachen.
Infraschall
Es existiert eine Vielzahl an natürlichen und künstlichen Infraschallquellen. Dazu zählen auch Windernergieanlagen. In Studien konnten, bei den Abständen wie bei uns, keine Schwellen erreicht werden, die einen Einfluss haben. In 700m Abstand ist der Infraschall schwächer als der des Windes. Ganz im Gegenteil muss man sagen, dass z.B. von Kraftfahrzeuge mit Verbrennungsmotor oder auch Wärmepumpen, die mitten bei uns im Ort überall vorhanden sind, mehr Infraschall-Belastung ausgeht und somit eher eine Gefahr darstellen könnte.
Arbeitsplätze
Ähnlich wie in den USA sind mittlerweile z.B. in Brandenburg deutlich mehr Arbeitsplätze in zukunftsorientierten erneuerbaren Energiebereichen vorhanden, als in der problematischen Kohleindustrie. Dennoch wird dort alle politische Energie in den Erhalt der schrumpfenden alten Arbeitsplätze gesteckt, als weiter in die Zuwachsbranche der erneuerbaren Energien zu investieren. Allein in der Windbranche gibt es deutschlandweit fast 150.000 Beschäftigte. Selbst etliche regelmäßige Übernachtungen in Bad Salzschlirf sind darauf zurückzuführen.
Gesellschaftliche Kosten und Subvention
Energieumwandlung in Strom ohne gesellschaftliche Folgekosten wie z.B. Endlagerung, Ressourcenverbrauch, Klimafolgen oder Gesundheitsschäden, dies wäre das Traumziel. Eine fehlerfreie Welt wäre aber auch eine Welt ohne Fortschritt und höchstens theoretisch denkbar. Auch die Erneuerbaren versprechen keine Nullkosten, sondern eine erhebliche Reduktion der gesellschaftlichen und klimatischen Auswirkungen. Die Zukunft unserer Energieversorgung gehört im Moment den Erneuerbaren Sonne, Wind, Biomasse und Wasser. Im Forschungsbereich gibt es noch ein ganze Reihe weitere, die aber alle noch den Nachteil haben, bezahlbar in Großserie zu gehen. Hier gilt aber, etwas zu beginnen ist wichtiger, als es sofort perfekt zu machen. Gerade deshalb sollten wir den Mut haben, auch neue Wege auszuprobieren.
Es ist Unverständlich, wieso gerade die Erneuerbaren ohne Subventionen auskommen sollen. Auch in der Vergangenheit haben wir in Deutschland gewollte Entwicklungen durch Subventionen vorangetrieben. Bei den gesamten staatlichen Förderungen in den Jahren 1970 bis 2010 ist die Steinkohle Spitzenreiter mit 288 Milliarden Euro. Die Atomenergie belegt mit 196 Milliarden Euro Platz zwei. Abgeschlagen auf Platz drei folgt die Braunkohle mit 67 Milliarden Euro, und auf dem letzten Platz liegen die erneuerbaren Energien mit nur 39 Milliarden Euro Förderung. 1970 wurde eine kWh Atomstrom mit 67,3 Cent gefördert, da sind wir im aktuellen Subventionsmarkt weit entfernt. Vergessen sollte man auch nicht, dass die Folgekosten wie die Abbauregionen, die Endlager oder die CO2-Folgen noch Generationen nach uns tragen müssen.
Gerade einmal 1,4% der Haushaltsstromrechnung kommen im Moment noch durch die EEG-Umlage der Förderung von Windenergie an Land zugute. Ein weitaus größerer Anteil der EEG-Umlage sind unbekannter Weise z.B. Industrieprivilegien für energieintensive Großindustrie.
Bei Windkraftanlagen ist der Rückbau hinterlegt und somit bereits im Strompreis inbegriffen. Die neuesten Großanlagen gehen demnächst komplett ohne Förderung ans Netz und sind somit ohne Subvention und ohne finanziellen Folgekosten für unsere Gesellschaft. Ob dies im gesellschaftlichen Sinne ist, ist aber auch wieder kritisch, da hier Großindustrie und Aktionäre profitieren und nicht die Region oder der Strom-Verbraucher.
Generell sind die Erneuerbaren mittlerweile so wettbewerbsfähig, dass sie in Deutschland teilweise bereits auf dem Preisniveau der fossilen Kraftwerke sind, obwohl auch diese seit Jahrzehnten steuerlich subventioniert werden.
Ein Vergleich von den aktuellsten Großprojekten: Der Atomstrom von Hinkley Point C (Deutschland baut als Vergleich gerade kein Atomkraftwerk) ist garantiert auf 11c/kWh über 35 Jahre plus Inflationsausgleich, hochgerechnet auf das letzte Förderjahr also 22-32c/kWh. Dazu kommt noch eine Bürgschaft für die Baukosten und Kompensationszahlungen für die geplante 60-jährigen Betriebszeit – sollte das AKW «politisch motiviert» abgeschaltet werden, also im Fall eines Atomausstiegs.
Zum Vergleich: Eine große Photovoltaik-Anlage erhält in Deutschland über das Erneuerbare-Energien-Gesetz derzeit eine Vergütung von rund 8c/kWh, die private Kleinanlage 12c/kWh – 20 Jahre lang, ohne Inflationsausgleich. Auch die regionalen Windkraftanlagen erhalten rund 8 bzw. nur noch 7c/kWh ohne Subvention bei Stillstand.
Wohl der erste Strom überhaupt ohne Förderung ist die Offshore-Windkraft. Die Energiekonzerne EnBW aus Deutschland und Dong aus Dänemark haben ein Milliardenprojekte in der Nordsee, was dabei erstmals völlig ohne Subventionen auskomment. In dem Kostenwettbewerb hatte sich die Offshore-Windkraft überraschend als billigste Stromquelle überhaupt erwiesen.
Die Stromerstellungskosten liegen dabei unter 6c/kWh. Ähnliche Preise erzielen mittlerweile auch Fotovoltaik-Großprojekte. Somit ist nicht nachvollziehbar, wie hier der Endverbraucher mehr zahlen muss als mit Atom- und Kohlestrom. Diese Zahlen sind nicht zu verwechseln mit dem Strompreis auf der Stromrechnung, hier sind die Kosten für Strombeschaffung, Steuern, Netznutzung, Abgaben und Nebenkosten angegeben.
Weltweit gesehen haben die Erneuerbaren mittlerweile einen Durchbruch durch wirtschaftliches Kalkül. Seit die Preise für Windkraftanlagen und insbesondere Solarpanels immer weiter fallen, zahlen sich die Investitionen auch ohne Zuschüsse aus; von China über Indien bis nach Mexiko hat das für einen globalen Boom der Solartechnologie gesorgt. Wie günstig der Ökostrom inzwischen ist, zeigte sich im Vorjahr bei der Ausschreibung der öffentlichen Stromversorgung in Chile, bei der ein spanischer PV-Anlagenbetreiber alle anderen Wettbewerber unterbot – mit einem weltweiten Rekordpreis von 2,64 Eurocent pro Kilowattstunde. Auch Strom aus Wind und Solarthermie ist heute günstiger als Strom aus konventionellen Quellen.
Deutschland ist Stromexport-Europameister, weil die in die Jahre gekommenen Kohle- und Atomkraftwerke nicht regelbar sind. Wenn wir noch ein paar Jahre warten, dann sitzen wir auf unserem teurer produzierten „dreckigen“ Strom und im Ausland hat die Industrie einen immensen Wettbewerbersvorteil, da die neuen Erneuerbaren den Strom dort wesentlich günstiger anbieten. Unabhängig davon müssten in den nächsten Jahren fast alle unsere Kraftwerke überholt und saniert werden, was vermutlich ohne Subvention des Staates nicht stemmbar sein wird. Somit zahlt auch wieder der Bürger indirekt mit.
EEG und CO2-Abgabe
Das Erneuerbare Energie Gesetz passte ursprünglich einmal auf drei Blatt und brachte ein immensen Entwicklungsschub. Leider wurde so viel angepasst, dass es jetzt weit über 1000 Seiten fasst. Das ein solches Gesetz nicht mehr nachvollziehbar ist, kann sich auch jeder ableiten, der es nicht gelesen hat. Deshalb schlagen Wissenschaftler es vor, Politiker wissen es und viele Bürgerinnen und Bürger fordern es bereits: Treibhausgase brauchen einen Preis, der die ökologische Wahrheit sagt – und zwar bald!
Diese Lenkungsabgabe soll – ohne Mehrkosten für Haushalte und Unternehmen – für einen effizienten Klimaschutz sorgen. Wer fossile Brennstoffe verbrennt, trägt auch die Kosten der damit einhergehenden Umweltschäden. Industrie und Verbraucher können Kosten sparen, wenn sie fossile Brennstoffe und damit Treibhausgasemissionen einsparen und/oder auf Erneuerbare Energien umsteigen. Die Erneuerbaren Energien und Energieeffizienz müssen nicht mehr durch zusätzliche Programme gefördert werden. Der Preis für die Treibhausgasemissionen bestimmt den Weg – damit werden sich die hocheffizienten und treibhausgasarmen Technologien automatisch durchsetzen.
„Bei der CO2-Abgabe geht es nicht um Mehrbelastungen, es geht um Umbau. Die Idee ist, alle Abgaben auf Strom abzuschaffen, wie etwa die EEG-Umlage, die Stromsteuer und so weiter. Im Gegenzug führt man eine CO2-Abgabe ein, die dem Staat die gleiche Summe einspielt. Bürger und Unternehmen zahlen so insgesamt nicht mehr, aber es profitiert, wer sich klimagerecht verhält: Ein starker Anreiz, den Ausstoß von Treibhausgasen zu vermeiden!“(Michael Sladek, Mitbegründer der EWS und Verfechter der CO2-Abgabe)
Kommune, Bürgerbeteiligung und Wertschöpfung
Windkraftprojekte bringen Geld in die kommunale Kasse und bringen direkt regionale Wertschöpfung durch vermehrte Pachteinnahmen. Es ist nicht nur das gutes Recht sondern auch die Pflicht als Gemeinde, auch nach Möglichkeiten zu suchen, Einnahmen außerhalb von Steuern und Gebühren zu erzielen. Ein Windpark ist ein wichtiger Ansatz, Ökologie mit Ökonomie sinnvoll zu vereinen. Wenn dann noch Voraussetzungen für Bürgerstrom durch die Errichtung bürgereigener Anlagen geschaffen sind, dann liegt die Wertschöpfung und der ökologische Nutzen unmittelbar in der Region.
Bürgerbeteiligte Windenergie macht nicht nur Deutschland unabhängiger von Rohstoffimporten, sondern auch die Region unabhängiger von den großen Stromkonzernen und auch die Gewinne bleiben vor Ort. Bei verbrauchsnaher Versorgung sind auch windschwächere Standorte durch kurze Wege sinnvoll.
Somit ist nicht nur aus technischen Gründen eine regionale Energieversorgung aus erneuerbaren Energien sinnvoll. Eine dezentrale, klimafreundliche und soziale Energieversorgung ist vermutlich nur möglich durch eine Abkehr von der zentralen Konzernwirtschaft zu Gunsten einer regionalen Stromerzeugung von BürgerInnen für BürgerInnen.
Ästhetik
Über die Ästhetik von Windkraftanlagen kann man ebenso streiten wie über Satellitenschüsseln oder die Optik des Sonnenobservatoriums auf der Kuppe. Aber sind das sofort Gründe etwas grundsätzlich abzulehnen? Optik und Ästhetik spielt eine sehr subjektive Rolle. Ein designtes Windrad der Firma Enercon strahlt eine andere Ästhetik aus, als die funktionellen Vestas-Windräder, die am Steinberg stehen. Eine kleine Gruppe an angeordneten Windräder hat auch eine andere Ästhetik, als ein wildes Durcheinander wie in Ulrichstein. Aber auch große Gruppen an Windräder können auf den riesigen Feldern der Magdeburger Börde wie ein großes Maisfeld ästhetisch anmuten, hier wird eine „Verspargelung“ im doppelten Wortsinne eher wohlwollend betrachtet. Hier in Bad Salzschlirf finden viele die Windenergieanlagen nicht schön. Allerdings kann man Wind nicht effektiv nutzen, ohne dass man Anlagen im Sichtbereich baut. Somit muss man eine Interessenabwägung mit den vielen Vorteilen dieser Technik machen bzw. mit Alternativen abwägen. Der Standort im Wirtschaftswald des Steinbergs ist auch deutlich unproblematischer als z.B. eines direkt hinter der Mariengrotte.
Allein mit den anderen technisch ausgereiften erneuerbaren Energien, Effizienzsteigerung oder Verzicht ist das notwendige Ziel nicht zu erreichen. Abwarten und Nichtstun ist obendrein die denkbar schlechteste Lösung. Falls in 20 Jahren neue Technologien Windräder überflüssig machen sollten, dann würden sie auch wieder verschwinden ohne Altlasten wie bei der konventionellen Stromerzeugung zu hinterlassen. Die Landschaft wäre in kürzester Zeit wieder wie vorher.
Grundlast, Energiespeicher und Stromausfall
Es ist bereits jetzt auch in Bad Salzschlirf möglich als Hauseigentümer mehr als die Hälfte seiner eigenen Grundlast für Strom und 15.000 PKW-Kilometer nur durch eine Technik der Fotovoltaik zu decken. Darüber hinaus noch mehr Strom zu verkaufen, als man bezieht, also 100% erneuerbar arbeiten. Warum sollte es dann nicht mit mehreren Technologien im gesellschaftlichen Verbund gelingen?
Entscheidend ist nicht die Grundlast sondern wie man es möglich macht, die Spitzenlast abzudecken. Im überregionalen Zusammenspiel der erneuerbaren Energien ergibt sich die Grundlast von alleine. Bei entsprechender Digitalisierung, Dezentralisierung, lokale Speicherung und Netzanpassung ist eher eine schnell zuschaltbare flexible Technologie notwendig. Aufgrund des aktuellen technischen Standes sind im Moment einzig Gaskraftwerke dazu in der Lage und auch aus ökologischen Gründen als Übergangstechnologie sinnvoll. Dies können sowohl überregional Großkraftwerke mit Erdgas sein, aber auch regional mit Biogasanlagen, wie sie auch in Bad Salzschlirf stehen.
Die Stromversorgung muss, ähnlich dem Internet, zu einem dezentralen, aber gut vernetzten System werden. Auch das Internet funktioniert ohne Großspeichertechnologie weltweit. Serienreife Kleinstromspeicher gibt es bereits von Haushaltsgröße bis zur Regionalgröße mit Pumpspeicherkraftwerken. Das Stromnetz dahingegen benötigt noch einen zügigen überregionalen Ausbau. Ebenso fehlt noch der Ersatz der alten unökologischen Kohlekraftwerke durch flexible Gaskraftwerke. CO2-neutrale Wasserstoffwerke sind noch nicht serienreif, könnten aber in zwei Jahrzehnten hinzubekommen.
Vor etlichen Jahren haben die großen Stromkonzerne und auch Wissenschaftler behauptet, dass es technisch nicht möglich sei in Deutschland mehr als 4% des Stroms durch erneuerbaren Energien abzudecken. Ebenso wurde immer wieder laut, dass es zu massiven Stromausfällen kommen werde. Beides, zeigt die Praxis, ist nicht eingetreten, da eine Weiterentwicklung mit technischer Anpassung des Marktes möglich ist. Gerade im letzten Winter hat sich gezeigt, dass das bis dahin unverändert grundlastkonzipierte Atomstromland Frankreich viel öfter mit Stromausfällen zu kämpfen hatte, als ein flexibles Mehrtechnologienland mit erneuerbaren Energien wie Deutschland.
Entwicklungshilfe und Flüchtlinge
Der Exportschlager „The German Energiewende“ hat sich nicht nur als Begriff weltweit verbreitet, sondern wurde auch in über 70 Ländern als Gesetz kopiert. Dies hat eine Entwicklung angestoßen, dass vor allem die beiden Technologien der Fotovoltaik und der Windenergie technisch ausgereift und marktreif wurden.
Damit sind auch arme und benachteiligte Regionen in der Welt autark und günstig Energie in Form von Strom bereit zu stellen. Viele Staaten in Afrika können sich weder den Bau noch die Rohstoffe der konventionellen Kraftwerke leisten, aber Windkraftanlagen oder die Fotovoltaik ist stemmbar.
Auch der Umgang damit ist machbar. Z.B. im Bildungszentrum in Rajasthan in Indien lernen Frauen innerhalb von 6 Monaten über Zeichensprache Solaranlagen zu montieren und zu warten. Damit bewirke man, dass Familien und Gemeinden mit günstigem Strom versorgt werden, unabhängig der staatlichen Infrastrukturen. Dies war vorher nicht denkbar.
Dies schafft Arbeitsplätze und dem Zutritt zum Energiemarkt. Somit hat die deutsche Energiewende indirekt mehr Entwicklungshilfe geleistet, als alle anderen Maßnahmen. Was dies für die Flüchtlingsproblematik bedeutet kann sich jeder ausrechnen. Wenn die Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser und zu günstiger Energie haben, wird dies auch Auswirkungen auf Flüchtlingswellen haben.
Jugend & die nächste Generation
Wenn wir darüber Diskutieren, was wir mit den Windrädern unseren Kindern hinterlassen sollte bedacht werden, Jugendliche haben meist nicht so eine eingefahrene Denkweise wie Erwachsene. Weil Erwachsene viel öfter auf ihre Vorteile bedacht sind und nicht von ihren Gewohnheiten abweichen, sind sie in ihrer Denkweise meist sehr auf Gewohntes beschränkt. Jugendliche sind hier viel freier und offener mit neuen Themen umzugehen. Auch verändern sich die Wünsche und Ansprüche mit den Generationen. Genau das kann man bei diesem Thema auch in Bad Salzschlirf registrieren, die junge Generation geht unkomplizierter an dieses Thema heran. Es wäre deshalb unklug, hier nur auf die Vorstellungen einer Generation zu setzten. Der Mensch ist ein „Gewohnheitstier“. Wenn sich die Gewohnheiten bei den jüngeren ändern, dann verändern wir auch die gesamte Gesellschaft und damit vielleicht die auch die Umwelt.
Warum Windenergie hier in Bad Salzschlirf?
"Klimawandel - So kann es nicht weitergehen!" Hier sind sich alle einig, aber anstatt zu handeln, verschließen viele die Augen. Es wird die Verantwortung hin und her geschoben, nur um die eigenen Komfortzone nicht verlassen zu müssen.
Angesichts des Klimawandels, der eine der Hauptbedrohungen der biologischen Vielfalt darstellt, leisten ökologische Energierzeugungsanlagen – und aufgrund ihres großen Energiepotenzials insbesondere Windenergieanlagen – einen wertvollen Beitrag, um die negativen Auswirkungen des Klimawandels zu mindern. Windenergie ist neben Fotovoltaik und Wasserkraft die kostengünstigste Technologie zur Stromerzeugung auf Basis Erneuerbarer Energien. Dabei ist der Flächenverbrauch für den Aufbau von Windenergieanlagen im Verhältnis zur erzeugten Energiemenge sehr gering.
Die konkreten Auswirkungen einer jeden Windenergieanlage auf Mensch und Natur müssen im Rahmen von Standortprüfungen sorgfältig geprüft und bewertet werden. In der Zusammenschau des Nutzen und des Risikos sind die Windkraftanlage auch in unserer Region und unserer Gemeinde an bestimmten Stellen sehr gut vertretbar.